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Marktplatz des Schreckens

Marketplace 76

Jan Lausers erfindet in "Marketplace 76" mit seiner Needcompany eine Horrorwelt, in der sich die Ereignisse überschlagen.

Eine schlechte Nachricht jagt die andere, in der Zeitung oder im Fernsehen. Wirtschaftskrise, Tsunami, Amokläufer. Eigentlich möchte man im Theater keine weiteren Katastrophen erleben. Daher ist die Beschreibung des Stückes „Marketplace 76“ mit Trauer, Sorge, Inzest, Entführung, Selbstmord eher abschreckend. Eines dieser Themen wäre schon genug, und ich hätte mich nicht ins Theater gewagt, wenn das Grauen von Jan Lauwers nicht in zum Teil sehr ästhetische und komischgroteske Bilder gepackt worden wäre.

Der Regisseur und Schauspieler erfindet mit seiner Needcompany beim Spielart Festival eine Horrorwelt, in der sich die Ereignisse überschlagen. Frauen stehen im Zentrum seines Leides. Ihre Trauer packt Lauwers, der eine Ausbildung an der Akademie der Künste in Gent genossen hat, in Bilder, die wir aus der Kunstgeschichte kennen. So hält eine Tochter ihre tote Mutter vergleichbar mit einer Pietà im Arm. Dieselbe Mutter trauert um ihr Kind indem sie die Arme zur Seite hebt, das Gesicht schmerzverzerrt. Das erinnert an ein Bild des Vietnamkriegs, das wir wohl alle kennen, wo ein kleines Mädchen nackt die Strasse runterrennt und die Arme ebenso hält. Immer mehr der Dorfbewohner sterben. Sie rotten sich gegenseitig aus. Fast wie Tiere, die, wenn sie nicht genügend Lebensraum haben, sich zu Tode beissen. Dass während der ganzen Dauer des Stücks mehrere Sprachen (Englisch, Französisch, Übertitelung: Deutsch) gesprochen werden, gibt einem das Gefühl von Allgemeingültigkeit. Es könnte jedem, jederzeit passieren.

Für mich war der Abend eine Möglichkeit wie das Theater in Zukunft funktionieren könnte, eine Mixtur der verschiedenen künstlerischen Sparten wie Tanz, Musik, Theater, losgelöst auch von der Muttersprache, dafür ein größeres Gewicht auf Bilder.

Marketplace 76

München
Deutschland

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