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Stadt die immer schläft

Die Lackiererei ist ein Projekt der Kulturmeierei und möchte in einem Hinterhof in der Haidhausener Kirchenstraße Künstlern Ateliers bieten.

Vor einigen Wochen haben wir davon gehört, daß gar nicht weit weg von unserer Wohnung eine neue Kulturlocation entstehen soll. Die Lackiererei ist ein Projekt der Kulturmeierei und möchte in einem Hinterhof in der Haidhausener Kirchenstraße Künstlern Ateliers bieten. Desweiteren sollen dort Veranstaltungen wie Austellungen, Lesungen und Konzerte stattfinden. Natürlich waren wir von dem Gedanken begeistert, daß in unserer Nachbarschaft Kulturveranstaltungen angeboten werden, die man zu Fuß besuchen kann und man nicht jedes Mal durch die halbe Stadt fahren muß. Es gibt zwar in Haidhausen viele Restaurants und einige etablierte Veranstaltungsorte, aber das Angebot an Räumen für Kulturschaffende jenseits des Mainstreams ist sehr gering und die Mieten entsprechend teuer. Somit ist Die Lackiererei aus meiner Sicht ein Glücksfall und eine Bereicherung für unser Viertel.

Ach, es ist schon spät
wieso bin ich noch immer wach, wenn doch nichts geht
Ich hab die ganze Nacht noch nichts erlebt
Ich bin zuhause in der Stadt, die immer schläft
der Stadt die immer schläft

Stadt die immer schläft – Moop Mama

Doch leider regt sich jetzt der Widerstand einiger Anwohner, die das Projekt im Keim ersticken wollen. Die Nachbarn sind in Sorge um ihre wohlverdiente Nachtruhe und wollen, daß alles beim Alten bleibt. Die südliche Kirchenstraße ist doch bereits so schön durchgentrifiziert und zu einer der verschlafensten Ecken von Haidhausen geworden! Natürlich ist es nicht immer angenehm, wenn man in der Nachbarschaft von Geschäften, Gaststätten oder Kneipen wohnt. In unmittelbarer Nähe unserer Wohnung befinden sich diverse Restaurants und Bars, die sicher auch von den Bewohnern der Kirchenstraße gern besucht werden. Unsere Nachtruhe wird auch das eine oder andere Mal gestört, ohne daß wir uns gleich beim Kommunalreferat beschweren. Im Gegensatz zur Lackiererei sind diese Lokale sogar jeden Tag geöffnet, werden von einem sehr trinkfreudigen Publikum besucht, bieten kein Kulturprogramm und dienen in erster Linie dem kommerziellen Interesse der Betreiber. Aber trotzdem aktzeptieren wir diese Lokale als Bestandteile einer Großstadt. Wer mit einer Pizzeria und einem Lidl auskommt, kann genauso gut ( oder besser ) in Ottobrunn wohnen. Dort gibt es sogar Parkplätze für den SUV vor dem Haus. Sollen zentrumsnahe Stadtteile wie Haidhausen zu Trabantenstädten werden, in denen ab 22 Uhr eine von der Stadt verordnete Bettruhe herrscht? Was für eine Vorstellung vom Leben in einer Großstadt haben Menschen, die schon gegen eine solch harmloses Projekt wie die Kulturmeierei Sturm laufen?

Bei der Eröffnung der Austellung Under Deconstruction im Kreativquartier an der Dachauer Straße hat der zweite Bürgermeister Josef Schmid betont, wie wichtig die „Kreativwirtschaft“ für München sei, und daß wir uns durchaus mit Berlin messen können. Den gleichen Vortrag sollte Herr Schmid noch einmal bei den zuständigen Referaten in Deutschlands größter Kommunalverwaltung halten und auf die Umsetzung bestehen. München braucht neben mehr Wohnungen auch mehr Raum für Kultur. Nicht nur in eingezäunten Kreativ-Ghettos, sondern überall. Sonst werden große Teile von München noch wirklich zu der Stadt, die immer schläft. Gute Nacht.

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